
source link EUSt-Vorlagebeschluss des FG Düsseldorf vom 11.12.201, 4 K 473/13; Rs. des EuGH C-7/20
Das Finanzgericht Düsseldorf hat dem EuGH eine interessante Frage zur EUSt vorgelegt. Der Kläger, ein Türke, verbrachte seinen Pkw im Oktober 2017 aus der Türkei über Bulgarien, Serbien, Ungarn, Österreich nach Deutschland und nutzte ihn dort einige Monate, bis er ihn im März 2018 wieder in die Türkei brachte und dort verkaufte. Das HZA setzte Zoll i. H. v. knapp 1.600 € und EUSt i. H. v. gut 3.300 € fest. Letzteres zurecht?
Da hat das Finanzgericht seine Zweifel. Es meint zwar, der Pkw sei, auch i. S. d. sog. Eurogate II-Rechtsprechung des EuGH (vgl. Schrömbges, MwStR 2019, 133 ff.; ders., ZfZ 2019, 257 ff.), in die Union eingeführt worden. Zweifel hat es aber an dem Ort der Einfuhr. Nach Art. 60, 61 MwStSystRL sei der Pkw bereits in Bulgarien eingeführt worden, so dass danach das HZA für die Erhebung der EUSt nicht zuständig gewesen sei. Das sei nur dann anders, wenn Art. 87 UZK (= Ort der Zollschuldentstehung) über Art. 71 Abs. 1 UA 2 MwStSystRL i. V. m. § 21 Abs. 2 UstG anzuwenden sei. Letzteres entspreche der Rechtsprechung des BFH, der Art. 215 ZK (Vorgängervorschrift zu Art. 87 UZK) gemäß § 21 Abs. 2 UstG angewandt hat. Das Finanzgericht meint, das sei nach der sog. Eurogate II-Rechtsprechung des EuGH wohl nicht mehr zulässig; denn danach regelt Art. 70, 71 MwStSystRL nur den Zeitpunkt der EUSt-Entstehung, nicht aber auch den Ort der EUSt-Entstehung, der in Art. 60, 61 MwStSystRL geregelt sei.
Der Vorlagebeschluss wirft auch im übrigen interessante Fragen auf, etwa, ist die vorübergehende Einfuhr Einfuhr i. S. d. neuen EuGH-Rechtsprechung? Schließt die vorübergehende Einfuhr ein Erlöschen nach Art. 124 Abs. 1 lit. k) UZK aus („Unbeschadet … erlischt die Einfuhr- oder Ausfuhrzollschuld: … wenn vorbehaltlich des Absatzes 6 die Zollschuld nach Artikel 79 entstanden ist und den Zollbehörden nachgewiesen wird, dass die Waren nicht verwendet oder verbraucht, sondern aus dem Zollgebiet der Union verbracht worden sind.“)?
Ganz generell: Regelt die unionsrechtliche Grundlage für § 21 Abs. 2 UStG, also Art. 71 MwStSystRL, nur den Zeitpunkt der EUSt-Entstehung, wie das der ganz herrschenden Ansicht heute entspricht (zuerst Schrömbges, ZfZ 2010, 313 ff.), dann haben diese Vorschriften möglicherweise nur administrativen, keinen materiellen Charakter, sie regeln i. W. bloß, dass bei der Einfuhr anfallende Abgaben (Zoll, Verbrauchsteuer, EUSt) in einem Verfahren erhoben werden, wobei die Einfuhrabgaben zeitgleich entstehen. Über § 21 Abs. 2 UstG könnte also grundsätzlich materielles Zollrecht, wie etwa Art. 120 UZK, nicht mehr sinngemäß angewandt werden, § 21 Abs. 2 UstG steht somit in toto zur Diskussion.